Frankreichs Paten


Im Land von Bolloré und Bouygues: Zwei französische Medienmogule steuern Luxusjachten ebenso souverän wie die Politik

Von Hansgeorg Hermann, Paris
RTX5X1U.jpg
Vincent Bolloré (r.) am 19. Mai 2008 in Paris mit dem damaligen Präsidenten Frankreichs Nicolas Sarkozy
Der 6. Mai 2007 war ein großer Tag für den (Ex-)Kleinadeligen Nicolas Sarközy de Nagy-Bocsa, genannt Sarkozy. Das Volk hatte gewählt und die Mehrheit ihn gewollt. Der damals 23. Präsident der glorreichen Republik Frankreich lud Gäste ein. Das Luxusrestaurant »Fouquet’s« an den Champs-Élysées – einen Steinwurf entfernt von Sarkozys neuem Heim, dem Präsidentenpalast, schien dem strahlenden Sieger und seinem Gefolge der richtige Platz für eine Feier unter Freunden. Konzernherren des Landes, die den körperlich recht kurz geratenen Mann als Garanten einer langen, profitträchtigen Kooperation sahen, gaben sich an jenem Abend die Klinke in die Hand.
Da war Vincent Bolloré. Der Bretone, Repräsentant des »Françafrique«, Synonym für die finsteren Geschäfte zwischen den alten Kolonialherren und ihren neuen Freunden auf dem ausgebeuteten Kontinent, also den afrikanischen Diktatoren im Präsidentenfrack. Ebenfalls da war auch Martin Bouygues. Er gilt als Sarkozys intimster Spezi, ein Mann, der sich um Bauwesen, Immobilien, Energie, Transporte und Telekommunikation kümmert.
Medienmogul Bolloré führt die Gruppe TF 1 ebenso wie die einflussreichen Nachrichten- und Unterhaltungsprogramme bei LCITMCNT1HistoireHD1TV Breizh und Ushuaïa, den Ökologenkanal des gegenwärtigen Umweltministers Nicolas Hulot. Als Chef der Havas-Telekommunikationsgruppe ist er an fast allen privaten und öffentlichen Fernseh- und Radiostationen beteiligt oder regiert sie allein.
Sein Bezahlkanal Canal plus, Flaggschiff der Bolloré-Medias-Gruppe und des französischen Privatfernsehens insgesamt, bietet Spielfilme, Sport, Unterhaltung – und mundgerecht zubereitete Politik. Die Gruppe Bolloré-Telecom sichert diesem Hai im Meer des Medienbetriebs über Regionalsender zudem direkten politischen und wirtschaftlichen Einfluss in allen Departements des Landes, von den Pyrenäen bis hinauf in die verarmten Industrielandschaften der Lorraine.
Netzhocker
Bolloré-Medias ist einer der wichtigsten Verteiler kostenloser Anzeigenblätter. Die an den U-Bahn-Stationen in Paris wie an allen wichtigen Punkten der französischen Großstädte verteilten bunten Blätter erreichen ein riesiges Publikum. Direct Matin, ein Tabloid oder auch Boulevardblatt, das in Zusammenarbeit mit der linksliberalen Tageszeitung Le Monde auf den Markt kam, erreichte bisweilen Auflagen von mehr als einer Million Exemplare. In dieser direkt von Bolloré gesteuerten Flut seichter Artikel zu Politik, Klatsch und Sport schwemmt er den Franzosen auch Thema-Publikationen wie Direct Sportoder Direct Femme gratis ins Haus.
Direkt war auch immer der Kontakt des harschen Oligarchen zur Politik. In den Tagen, die dem rauschhaften Abend im Fouquet’s folgten, machte der neue Präsident Ferien. An Bord der 65-Meter-Jacht »Paloma« des »guten Freundes« Bolloré rauschte der Staatschef in Badehose und verspiegelter Pilotenbrille durch die azurblauen Wogen an Frankreichs Mittelmeerküste. »Es war an jenem Abend im Fouquet’s«, verriet L’Humanité Wochen später, dass der »Milliardär dem Präsidenten eine kleine Eskapade nach Malta anbot, im privaten Falcon« und natürlich gratis. »Sarkozy, Fouquet’s, Privatjet, Jacht – der mit 53 Prozent vom Volk und zu 100 Prozent von der Medef (Unternehmerverband, jW) Gewählte hat seine Meister gefunden«, ergänzten Blogger der Selection 41.
Das gilt auch für den aktuellen Hausherrn im Élysée. Im Präsidentschaftswahlkampf 2016 suchte Emmanuel Macron die Unterstützung jener Mächtigen, die sein Vorvorgänger Sarkozy schon vor seiner Kandidatur für das höchste Amt gefunden hatte: Zur Großkundgebung in der Pariser »Mutualité«-Halle kamen damals wie selbstverständlich Yannick Bolloré, Spross des inzwischen wegen Korruption angeklagten Patriarchen Vincent Bolloré, und Renaud Dutreil, Direktor des Luxusartikelkonzerns LVMH und rechte Hand des milliardenschweren Besitzers Bernard Arnault. Ein schönes Zusammentreffen von Menschen, spottete das Pariser Nachrichtenportal Mediapart, in deren Leben Taschen von Louis-Vuitton und Champagner von Moët eine wichtige Rolle spielten. »Man wusste es schon länger«, analysierte Mediapart, »dass das Unternehmertum die Gründung der Partei ›En marche!‹ und die Installierung ihres Chefs Emmanuel Macron wärmstens unterstützte.«
Anfang 2017, vier Monate vor der Präsidentschaftswahl, ließ auch der eher stille Martin Bouygues seinen besten Mann beim Kandidaten antreten: »Macron wird seine Wahlkampfmannschaft durch seinen alten Professor verstärken«, frohlockte am 31. Januar die Wirtschaftszeitung La Tribune. Gemeint war Didier Casas, ehemaliger Studiendirektor der Pariser Uni-Fakultät Science-Po, danach stellvertretender Generaldirektor in Bouygues Telecom. Es kam zusammen, was zusammengehört, freuten sich unisono die Fernsehstationen der beiden Medienmonopolisten: Der Professor und sein gelehriger Schüler Macron, oder übersetzt, die unternehmerische Planung der Häuser Bolloré-Bouygues und ihre politische Exekutive.
Quelle: Junge Welt 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Nun unterstützt Russland sogar schon die Antifa … die Verschwörungstheorien von Deutschlandfunk, FAZ und Co. werden immer abstruser

Rassistisch, wer nur über den Femizid von Kandel berichtet

“Die USA im Niedergang” – ein Gerede, das verdeckt, dass das Imperium nach wie vor weltweit agiert und uns voll im Griff hat.